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Gesägt und geschmückt

16. 12. 2017

Selbst gemacht. Mit gebastelten Sternen haben geflüchtete Schüler Weihnachtsbäume geschmückt – und gleich auch noch Vokabeln rund um die Adventszeit gelernt. Foto: Andreas Klaer

Flüchtlingskinder lernen an der Fontane-Schule weihnachtliche Bräuche kennen

 

Im ersten Moment sieht der Tannenbaum neben der Tafel nicht sonderlich spektakulär aus: Mittelgroß, geschmückt mit gelben Pappsternen und roten Papierstiefeln. Doch die Schüler der Theodor-Fontane-Oberschule, die den Baum geschmückt haben, haben eigentlich mit Weihnachten nicht allzu viel am Hut: Sie kommen größtenteils aus Syrien und sind muslimischen Glaubens.

 

Hardi Tit, seit drei Jahren an der Schule, hat einen der Sterne gebastelt. „Eineinhalb Stunden hat das gedauert“, erzählt der Achtjährige. Auch war er dran, den Klassenadventskalender zu öffnen: Eine kleine Papptüte mit Süßigkeiten hat er bekommen. „Wegen der Schokolade gefällt mir Weihnachten“, sagt er.

Die Kinder sollen Weihnachten nicht feiern, erklärt der Schulsozialarbeiter René Kulke, „aber sie sollen die Bräuche kennenlernen“. Kulke ist seit sechs Jahren an der Oberschule in der Waldstadt und dort Vertrauter für rund 500 Schüler der ersten bis zehnten Klassen – davon haben rund 70 einen Migrationshintergrund. „Seit gut drei Jahren arbeiten wir auch speziell mit Geflüchteten zusammen“, berichtet der 31-Jährige. Gemeinsam mit seinem Kollegen Jan Hussels von der gemeinnützigen Organisation „Teach First Deutschland“ hat er ein Konzept geschrieben – und eine finanzielle Förderung von knapp 500 Euro vom Landesamt für Soziales und Versorgung für die Aktion bewilligt bekommen.

 

Hussels ist seit Beginn des Schuljahres für 25 Stunden pro Woche vor Ort. Er soll Schnittstelle zwischen den Kindern mit Migrationshintergrund und ihren Lehrern sein. Rund 15 Schüler der Sekundarstufe betreut er, hilft ihnen im Deutsch als Zweitsprache-Unterricht (DaZ), bei der Berufsvorbereitung und bei Anträgen. Auch den Lehrern macht er Vorschläge. Wenn ein Schüler beispielsweise in einem Fach die Hausaufgaben nicht macht, fragt Hussels nach: Versteht er möglicherweise die Aufgaben nicht richtig? Manchmal helfen dann Kleinigkeiten, wie die Aufgabe leserlich an die Tafel zu schreiben.

 

Für das Weihnachtsbaum-Projekt fuhren die beiden Männer mit sechs Schülern der fünften bis achten Klassen – geboren in Syrien, dem Irak und in Kroatien – auf den Tannenhof nach Werder. Die zwölfjährige Rama Jakhadar erzählt in fast fließendem Deutsch: „Wir haben zusammen den Baum ausgesucht.“ Erst vor einem Jahr ist sie mit ihrer Familie aus Syrien nach Potsdam gekommen. Auch wenn Weihnachten zuhause kein Thema ist, findet sie das Fest schön. „Am letzten Schultag vor den Ferien basteln wir“, freut sich die Fünftklässlerin. „Ich finde es gut, dass wir solche Sachen machen.“ Begleitend dazu haben die Flüchtlingskinder im DaZ-Unterricht Weihnachtsvokabular gelernt und Einkaufszettel für das Projekt geschrieben.

 

Auf frühzeitige Integration wird an der Theodor-Fontane-Oberschule Wert gelegt, sagt Kulke. Anders als an anderen Potsdamer Schulen gibt es dort keine „Willkommensklassen“ für geflüchtete Kinder. Stattdessen besuchen sie von Anfang an die normalen Klassen und bekommen Deutsch-Förderung. Für dieses Konzept erhielt die Schule 2015 den zweiten Platz beim Integrationspreis der Landeshauptstadt. Auch bei anderen Kindern komme die Weihnachtsbaumaktion gut an, sagt Kulke: „Das finden die cool, dass muslimische Kinder hier ein Fest der Deutschen gestalten.“ Anne-Kathrin Fischer

 

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